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 © Ronne Heming
© Ronne Heming

Kanada: Auf „coolen“ Highways



Sobald der Winter kommt, ändert sich die Straßenkarte in den Northwest Territories dramatisch: Auf zugefrorenen Seen und Flüssen entsteht ein 2.000 Kilometer umfassendes Netz aus Eisstraßen, das die Länge der regulären Highways vorübergehend verdoppelt.

Für Tausende von Einwohnern ist der Winter die einzige Zeit im Jahr, in der ihre abgelegenen Dörfer auf dem Landweg erreichbar sind. Die Winterstraßen der Northwest Territories verbinden zwölf Ortschaften und geben ihnen damit einen vorübergehenden Zugang zur Außenwelt.
Alljährlich werden sie vom Verkehrsministerium des Territoriums gebaut und instandgehalten. Manche von ihnen sind recht kurz, wie die Eisstraße nach Nahanni Butte, die nur wenige Kilometer über den Liard River zum Highway No. 7 führt.
Andere dagegen sind wesentlich länger: So führt die Winterstraße im Mackenzie Valley über hunderte von Kilometern von Wrigley zu fünf abgelegenen Gemeinden, darunter nach Colville Lake, das mit 651 Kilometern am weitesten vom Ausgangspunkt entfernt ist.

Bis zu fünf Monate Betrieb


Die Saison der Eisstraßen dauert nur von Ende Dezember bis Anfang April. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel: Die Straße von Inuvik nach Aklavik war in manchem Jahr sogar schon ganze fünf Monate lang in Betrieb.
Die meisten Ice Roads bestehen aus Eis, das stolze 1,20 Meter dick ist und damit stark genug, einen Jumbo-Jet zu tragen. Daher keine Sorge, wenn das Eis unter dem Fahrzeug einmal knackt und dröhnt – die extra Portion Elch-Gulasch vom Vorabend ist sicherlich nicht schuld daran!
Keineswegs sind die Winterstraßen jedoch mit den normalen Highways der Northwest Territories zu vergleichen. Oft sind sie eng, zerfurcht und können selten mit Geschwindigkeiten von mehr als 50 Stundenkilometern befahren werden.
Da die Tage hier oben im Norden im Winter dunkel und bitterkalt sind und es nur wenige Verbindungsstrecken gibt, wird von nicht unbedingt notwendigen Fahrten abgeraten. Wer in den Northwest Territories in der kalten Jahreszeit unterwegs ist, kann sich auf folgenden Winterstraßen auf eisige Abenteuer und faszinierende Erlebnisse freuen:


Yellowknife-Dettah Ice Road
Die kurze, landschaftlich reizvolle Fahrt über die zugefrorene Bucht von Yellowknife beginnt an der Abzweigung von der School Draw Avenue auf den Great Slave Lake und führt zur Ortschaft Dettah. Die kleine Gemeinde der Dene First Nations zählt etwa 180 Einwohner und liegt direkt an der Mündung der Bucht.
Die Eisstraße wird von sämtlichen Arten von Winterfahrzeugen genutzt: Charterbusse, Schneemobile, Bombardiers und Raupenfahrzeuge. Da die Straße extrem breit ist, kann man sich problemlos auf den Standsteifen stellen, um Fotos zu schießen und das blanke Eis zu begutachten.
Bei einem Blick auf die rissige Oberfläche erhält man eine Vorstellung davon, wie dick die Eisschicht darunter ist. Nach sechs Kilometern erreicht man Dettah, wo der Yellowknife Dene Artisan Shop im Chief Drygeese Centre indigenes Kunsthandwerk und Kleidung aus lokaler Herstellung verkauft.

Länge: 6 Kilometer
Betriebszeit: circa 8. Dezember bis 19. April
Fahrzeuge pro Tag: durchschnittlich 479


Behchoko-Gameti Winter Road
Bevor die Einheimischen zur Fahrt über diese Winterstraße aufbrechen, stellen sie sicher, dass ihr Fahrzeug winterfest ist und sie ausreichend Vorräte und wärmende Kleidung an Bord haben.
Die Winterstraße von Tlicho verbindet die Gemeinden von Wekweeti, Whati und Gameti mit Behchoko. Hier beginnt die Straße gleich außerhalb der Ortschaft auf dem Highway 3 und schlängelt sich dann durch den Wald, bis sie den Marian Lake erreicht.
Ab dort wird der lange zugefrorene See zur Straße. An bedeckten oder verschneiten Tagen kann man den Himmel kaum vom Grund unterscheiden und der Horizont wird fast unsichtbar, eine für Autofahrer herausfordernde Situation.
Am nördlichen Ende des Sees führt die Straße dann schließlich auf einer Reihe von steilen Passagen über kleinere Gewässer, bis sie wieder festen Boden erreicht. Die Winterstraße ist hier so schmal, dass die Fahrzeuge bei einer eventuell benötigten Pause den Verkehr blockieren.
Es ist nicht ungewöhnlich, entlang der Strecke Elche, Bartkauze und Karibus zu entdecken. Bald gabelt sich die Straße schließlich an einer Abzweigung nach Osten zur Gemeinde Wekweeti, kurz darauf folgt eine Abzweigung nach Westen zur Gemeinde Whati.
Während die Bäume kleiner und kleiner werden, führt die Strecke in nördlicher Richtung weiter nach Gameti. Die abenteuerliche Reise auf dieser Winterstraße sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Die Fahrt dauert in einer Richtung gut und gerne drei bis fünf Stunden bei lückenhafter bis gar nicht vorhandener Handy-Netzabdeckung.

Länge: 194 Kilometer
Betriebszeit: circa 20. Februar bis 19. April
Fahrzeuge pro Tag: durchschnittlich 49


Inuvik-Aklavik Ice Road
Obwohl seit Eröffnung der Allwetterstraße von Inuvik nach Tuktoyaktuk im Jahr 2017 auf dieser Strecke im Winter keine Eisstraße mehr gebaut wird, bietet die Region der Western Arctic immer noch eine schöne (und ziemlich legendäre) Eisstraße.
Die Winterstraße von Inuvik nach Aklavik über das Mackenzie-Delta bietet auf ihrer 117 Kilometer langen Strecke nördlich des Polarkreises atemberaubende Aussichten, darunter auf die Richardson Mountains.
Da es früh im Winter in der Region nur wenig Tageslicht gibt, achten die Einheimischen bei einer Fahrt akribisch darauf, das Licht der Sonne maximal zu nutzen. Wenn ab April jeder Tag jedoch acht Minuten länger dauert als der vorherige, ist auf dieser Strecke ordentlich was los.
Die Bewohner der gesamten Region machen sich dann auf den Weg nach Aklavik, wo das alljährliche Frühlingsfest Aklavik Jamboree gefeiert wird, ein Wochenende voller Wettbewerbe, Veranstaltungen und Aktivitäten.

Länge: 117 Kilometer
Betriebszeit: circa 24. Dezember bis 29. April
Fahrzeuge pro Tag: durchschnittlich 54


Wrigley-Fort Good Hope Winter Road
Auch für diese Winterstraße müssen sich die Fahrer gut vorbereiten. Lange Streckenabschnitte sind ohne Handyempfang und nur wenige Gemeinden entlang der Route bieten Benzinversorgung.
Angesichts der kurzen Wintertage ist eine Hin- und Rückfahrt auf dieser Strecke an einem einzelnen Tag definitiv nicht machbar. Für die Bewohner der Sahtu-Region ist diese Winterstraße jedoch die einzige Möglichkeit, auf dem Landweg in die Gemeinden der abgelegeneren Gebiete zu gelangen.
Ab Wrigley, ein Dorf mit 150 Einwohnern, folgt die Straße dem Pfad des Deh Cho (Mackenzie River) nach Norden bis Tulita und führt dann über Norman Wells nach Fort Good Hope.
Unterwegs zweigt sie zu den Gemeinden Dél?ne und Colville Lake ab. Eine Fahrt auf dieser Strecke ist nichts für ungeübte Laien. Einheimische, die die Winterstraße im Mackenzie Valley befahren, sind für dieses epischste aller Eisstraßen-Abenteuer der Northwest Territories bestens vorbereitet, gut ausgerüstet und per Allrad-Antrieb unterwegs.

Länge: 482 Kilometer
Betriebszeit: circa 31. Dezember bis 24. März
Fahrzeuge pro Tag: durchschnittlich 85


INFORMATIONEN
www.spectacularnwt.de



© Text: Denkzauber GmbH
 
 

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