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Einsame Schönheit: Oregons High Desert



In der High Desert im Osten von Oregon kann man ungestört die Weite des amerikanischen Westens erleben. Selbst die Amerikaner haben die Region noch nicht auf der inneren Landkarte. Dabei ist es wohl eine der wundervollsten Wüstenlandschaften in Nordamerika.

In einer Landschaft, die so würdevoll und karg ist, verschwindet vielleicht der Drang, sich mehr als nötig mitzuteilen. Oder es ist die übermächtige Ruhe, die über allem liegt und die zu durchbrechen wie ein Frevel wirkt. Garth jedenfalls, ein Mann von Anfang 40 mit Zwirbelbart, in Wrangler-Jeans, Stiefeln und Hut, redet auffallend wenig im Laufe eines Tages. Der Ausdruck seines Gesichtes wirkt dabei immer wissend und hintergründig, fast wie der eines Poeten.
Garth arbeitet als Chef-Cowboy einer großen Ranch mit 3.000 Rindern zwischen John Day und Burns, mitten in der Wüste, der High Desert im Osten von Oregon. Menschen wie ihm, ruhig, gewichtet und gütig, begegnet man oft in diesem Landstrich. Ein guter Grund, in diese gottverlassene Gegend zu reisen - ein weiterer Grund neben der betörenden Ruhe der Natur, die hier in so vielen Gestalten daherkommt, auf steppenartigen Plateaus, bewaldeten Bergen, kahlen graugrünen Hügeln, frischgrünen Tälern.

Den Horizont im Herzen


Das Leben in der Wüste prägt den Charakter, sagt man in Oregon. Viele der Siedler, die einst hierher kamen, haben es nicht geschafft, zogen bald weiter. Zu roh das Land, zu leer, zu weit. Wer blieb, musste Rückgrat haben - und einen Sinn für die Weite und Offenheit des Himmels. Man wächst in die Wüste hinein, heißt es. Deshalb seien die Bewohner dieses Landstriches auch im Inneren mit weitem Horizont ausgestattet, tolerant und geerdet.
Das merkt man auch beim Frühstück im etwas rumpeligen und sehr gemütlichen Gastraum des Adel Store, eines Marktflecken an einer Weggabelung im Mini-Ort Adel, einer Art letzter Vorposten der Zivilisation auf dem Weg in die High Desert.
Die Rancher der Gegend kommen mit ihren monströsen Pickups angefahren, um als zweites Frühstück frischgemachte Biscuits and Gravy zu sich zu nehmen, eine Spezialität dieser Region, auch wenn man sie eigentlich immer nur den Südstaaten zuordnet. Manche trinken auch nur einen Kaffee, plaudern, tauschen die Neuigkeiten des Tages aus, denn der Tag ist hier um neun Uhr schon alt. Alle sehen so aus, als hätten sie einen Gutteil Arbeit schon hinter sich.

Straße ins Nichts


Eine solche Menschenansammlung ist dann lange nicht mehr zu erwarten bei der Weiterreise durch das Tal der Hart Mountains. Selbst die Rinder machen sich zunehmend rar, obschon man immer wieder an gelben Warnschildern mit Kuh (meist von Schusslöchern durchsiebt, staatsgläubig ist man hier nicht) und über Bodengatter fährt, die Übergänge von einer Ranch zur nächsten markieren.
Deshalb schaut auch der Mann hinter dem Tresen des Hart Mountain Store in Plush erwartungsvoll jeden an, der hereintritt. Man fragt sich, wo denn die Kunden für all diese schönen Soda-Pops im Kühlschrank und den Kaffee auf der Wärmeplatte herkommen sollen.
Auch die Fahrt über das Hochplateau der Hart Mountains auf der Schotterstraße nach Frenchglen erinnert ein wenig an eine "road to nowhere". Ein paar Antilopen überqueren den Horizont, ein Coyote lauert in der Ferne vor einem Erdloch. Der kurze silbrige Wüstenstrauch Sagebrush mit seinem würzigen Salbei-Duft bleibt der einzige zuverlässige Begleiter.
Und doch, hier im Osten von Oregon wird es immer wieder heimelig. Die Wüste bildet in regelmäßigen Abständen liebliche Nester, Täler mit Bäumen und Grün, Erholung für das Auge. Kein Wunder, das diese Umgebung den Menschen günstig prägt. Der Wechsel aus hart und weich, aus weit und nah, aus großartig und kleinteilig macht glücklich. Wortlos glücklich.

© Text: AMERICA/Julia A. Latka
 

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